
Im unmittelbaren Vorfeld der German Open 2013 der 20er Jollenkreuzer fand mit der diesjährigen 61. Werbellinseeregatta am 10.-11.08. bereits ein Segelwettbewerb auf höchstem Leistungsniveau und unter zum Teil außergewöhnlichen Bedingungen statt.
Insgesamt 202 Seglerinnen (Teilnahmerekord!) von 66 Vereinen aus Deutschland und der Schweiz traten in 89 Booten in vier Klassen gegeneinander an und ermittelten dabei in den Bootsklassen Pirat und Ixylon (Segelzeichen XY) zugleich die Brandenburger Landesmeister.
Diese hohe Teilnehmerzahl resultierte neben dem Faktum „Landesmeisterschaft“ auch darauf, dass bereits 24 Jollenkreuzer mit jeweils drei Mann Besatzung angereist waren, um im sportlichen Wettstreit das Revier und die aktuelle Form der Gegner vor der GO kennen zu lernen.
Nach der Eröffnung durch den stellvertretenden Abteilungsleiter Segeln Mario Drechsler, sollte es deshalb am Samstag auch schnell aufs Wasser gehen. Doch zum Verdruss der Sportler fehlte zunächst der nötige Wind und Wettfahrtleiter Olaf Winkelmann verfügte erst einmal „Startverschiebung an Land“. Gegen 11.00 Uhr begann der Wind dann jedoch etwas stärker zu wehen und auch eine im Wesentlichen gleich bleibende Richtung zu halten. Entsprechend konnten die Bojen für den Kurs gelegt werden und um 12.00 Uhr erfolgte der erste Start der 20er Jollenkreuzer sowie in Fünf-Minuten-Abständen der übrigen Bootsklassen Ixylon, Pirat und 420er.
Bei eigentlich eher schwachen ein bis drei Windstärken und leicht pendelnder Richtung kamen fast alle Boote gut über den Kurs und auch in der vorgegebenen Normzeit ins Ziel, ein 20er Jollenkreuzer allerdings kenterte offenbar in einem Moment der Unaufmerksamkeit und musste aufgrund der langwierigen Bergungsmaßnahmen aufgeben.
Gesegelt wurde in der Werbellinseeregatta der traditionelle, so genannte „Olympische Kurs“ aus Dreieck-Schleife-Dreieck, der den Bedingungen des Sees am besten angepasst ist. Dabei wurde in der ersten Wettfahrt bereits der langsamsten Klasse, den 420ern, das Schlussdreieck erlassen. In der folgenden zweiten Wettfahrt wurde dies auch für die Klasse der Piraten notwendig.
Aufgrund des tendenziell eher nachlassenden Windes hatte der Wettfahrtleiter zudem den gesamten Kurs auf dem See mehrere Hundert Meter weiter in Richtung Altenhof verlegt und zudem etwas seitlich gedreht. Dennoch war die Gesamtstrecke insbesondere für die Klasse der Ixylon sehr lang, fast hätte es kein Boot in der vorgegebenen Richtzeit von 90 Minuten vom Start (15.20 Uhr) bis in Ziel geschafft.
Letztlich rettete ein Auffrischen des Windes ab ca. 16.40 Uhr die Wettfahrtswertung, stellte aber zugleich die Teilnehmer wie die Betreuer vor außerordentliche Herausforderungen.
Denn das Auffrischen war Vorbote einer von Westen in kurzer Zeit heranziehenden Gewitterfront aus Donner, Regen und Starkwind!
Der Wind frischte binnen weniger Minuten auf fünf bis sechs Stärken mit Böen bis Windstärke Sieben auf und entsprechend entwickelte sich dazu eine Welle aus West. Diese Wand aus Wind führte unmittelbar zur Kenterung von sieben Booten, darunter einem weiteren 20er Jollenkreuzer. Das Schweizer Boot, das kurz zuvor noch durchs Ziel gegangen war, befand sich dabei kurz vor dem Südostufer des Sees und konnte deshalb erst unter vielen Schwierigkeiten nach dem Abwettern und einer vorübergehenden Sicherung durch Motorboote vor Ort wieder geborgen werden.
Zugleich wurde durch die Welle die Verankerung des Zielschiffes, das bei ca. 45 Metern Tiefe mit 70 Metern Leine vor Anker lag, aus dem Grund gerissen und das Zielschiff drohte ab- und auf einen unmittelbar auf der Ziellinie gekenterten 420er zuzutreiben. Auch eine Unterstützung durch ein Schlauchboot am Bug des Zielschiffes reichte zunächst nicht, um die Situation zu stabilisieren und als dies der Kapitän mit eigener Motorleistung versuchte, wickelte sich auch noch die Leine des Heckankers um die Motorschraube des Zielschiffes.
Während der Skipper dann persönlich unter Wasser mit einem Messer die Manövrierbarkeit des Zielschiffes wieder herstellte und dabei einen Anker mit Trosse einbüßte, bewahrte die Crew doch ihre Übersicht und konnte auch in dieser Situation alle Zieleingänge –allerdings zum Teil in Luv statt in Lee- bei nur zwei kleineren Fehlern weitestgehend korrekt vermerken, so dass die Wertung in allen vier Klassen erfolgen konnte.
Nach der Gewitterfront allerdings flaute der Wind total ab und eine weitere Wettfahrt war am Samstag nicht mehr möglich. Die meisten, auch die gekenterten Boote, hatten es noch geschafft aus eigener Kraft in den Hafen zu kommen. Neben dem Schweizer Team musste lediglich noch eine Ixylon durch die Bergungscrew um Wulf Klünder und Frank Bernau geborgen werden. Die Sportsfreunde vom Sportverein Einheit Werder waren vor Altenhof so ungünstig gekentert, dass ihre Mastspitze dort im Seeboden feststeckte.
Durch die professionelle Vorbereitung im Verein und das gute Zusammenspiel aller Betreuungsboote, waren jedoch in keinem Fall Personenschäden und auch nur geringe Sachschäden zu verzeichnen und fast alle Boote nahmen an den beiden Folgewettfahrten wieder teil.
Unter wesentlich stabileren Windverhältnissen folgten diese am Sonntag von 10.00 bis ca. 13.00 Uhr, wobei Wettfahrtleiter Olaf Winkelmann diesmal nach den Erfahrungen vom Vortag auch für die Ixylon den Kurs verkürzt hatte. Der Wind, der zeitweise auf vier Stärken aufgefrischt hatte, reichte diesmal für alle vier Klassen, um in Normzeit und unter Normbedingungen beide Kurse zu absolvieren und entsprechend auch im fairen Wettkampf die Besten ihrer Klasse auszulesen. Hauptschiedsrichterin Anne-Grit Denda mit ihrem Team musste insgesamt nur einen Protest verhandeln.
Fast nicht anders als erwartet siegte das Berlin-Mecklenburger-Team um Doppel-Olympia-Segler Thomas Flach (mit Sven Diedering und Harald Schaale als Vorschoter) mit Boot 1399 dabei in der Klasse der 20er Jollenkreuzer. Mit einem dritten Platz und drei Siegen ist hier bereits ein Favorit für die kommende German Open erkennbar. Die besten Besatzungen vom Heimatverein Stahl Finow kamen hier auf die Plätze 20 bis 22.
Die beste Serie als solche aber wurde durch die sächsische 420er Besatzung Paulina und Richard Struthoff (Verein Lausitzer Seenlandschaft) gesegelt, die unter allen Bedingungen in allen vier Läufen gesiegt hatten, jeweils unmittelbar vor dem besten Brandenburger Team Nieklas Fiedler und Alexander Petzold vom Schwielochsee. Beste Stahl Finower waren hier erneut Lukas Wiese und Vorschoter Hans Reinhardt auf Platz 5 von 16 gemeldeten Booten.
In der Klasse der Piraten dagegen holte sich mit Christopher Jantz von Stahl Finow gemeinsam mit Daniel Salewski vom Schwielochsee –obwohl in den Einzelläufen nur mit zwei Vierten und zwei Zweiten gewertet- den Gesamtsieg und damit die Landesmeisterschaft! Gemeldet waren hier 29 Boote. Elfter in dieser Klasse wurde übrigens der langjährige Teilnehmer der Werbellinseeregatta Bruno Martens aus Mecklenburg-Vorpommern, der sich in diesem Jahr nach seinem 80.Geburtstag (!) offiziell vom Regattasegeln lossagen will und nach der Ehrung von allen Piraten auch besonders herzlich mit einem Stahl-Finow-Vereinswimpel und allen Unterschriften darauf verabschiedet wurde!
Gesamtsieger und Landesmeister in der Klasse Ixylon wurden bei 20 gemeldeten Booten erneut Steffen Rach und Antje Weichert vom SC Krüpelsee, die mit zwei ersten und einem zweiten Platz in die Wertung gingen. Bei vier Läufen erfolgte in allen vier Klassen jeweils die Streichung der schlechtesten Platzierung und so konnten sie einen 16. Platz (infolge Kenterung in der zweiten Wettfahrt) gut ausgleichen.
Und dort- auf dem Krüpelsee- werden sich am nächsten Wochenende einige der Regattasegler außerhalb der Klasse der 20er Jollenkreuzer wohl das nächste Mal im Wettkampf begegnen, für die 20er folgt jetzt die German Open 2013!
Toralf Reinhardt
Vorsitzender SVSF