Mit ebenso erwarteten wie unerwarteten Ergebnissen endete die diesjährige 62. Werbellinseeregatta der Segler am Nachmittag des 10.08. .
In einer bisher in Brandenburg noch nicht gesehenen Dominanz holten sich die Segler aus Mecklenburg-Vorpommern in der Traditionsklasse Pirat die Plätze 1 bis 3 und zugleich gewann bei den größten Booten, den 20er Jollenkreuzern, erwartungsgemäß die Berlin-Schweriner Crew Jens Magdanz/Stefan Mädicke/Frank Sekura mit drei Siegen in Folge. Bei den XY-lon Jollen konnten Steffen Rach/Antje Weichert an ihren Vorjahreserfolg nahtlos, aber erst nach hartem Kampf, anknüpfen und in der Jugendklasse der 420er Jollen gewannen Niklas Fiedler und Alexander Petzold vom Segelclub Schwielochsee.
Bei hervorragenden Segelbedingungen trafen sich am vergangenen Wochenende über 100 Segler aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Sachsen zur traditionellen 62. Werbellinseeregatta im Schorfheider Ortsteil Eichhorst. Es galt, in den vier Bootsklassen 20er Jollenkreuzer, XY-lon, Pirat und 420er Jolle die Besten zu ermittelten. Da in jeder Einzelklasse mindestens zehn Boote zum Start gemeldet waren, konnte die Wertung auch in die jeweiligen Ranglisten mit einfließen.
Gekämpft wurde entsprechend hart, aber fair! Insgesamt musste die Schiedsrichter-Crew um Anne-Gret Dender vom Schwielochsee nur zwei Proteste aus vier Wettfahrten behandeln!
Nach der Eröffnung durch Hanno Schwager, den Abteilungsleiter Segeln vom Gast gebenden Verein Stahl Finow e.V. , ging es am Sonnabendvormittag unmittelbar auf`s Wasser.
Den ersten Start in der Klasse der 20er Jollenkreuzer (größte deutsche „Einheitsklasse“ mit 20 qm Segelfläche) schaffte der Wettfahrtleiter Ron Wiesner vom Nachbarverein Yachtclub Schorfheide Joachimsthal pünktlich um 11.00 Uhr und im festgelegten Fünf-Minuten-Abstand folgten die anderen Bootsklassen in der üblichen Reihenfolge (XY-lon, Pirat, 420-er), d.h. kleiner werdend.
Da die Wettfahrtleitung sich erstmals in der langen Geschichte der Werbellinseeregatten für die moderne „Top-and-Down“-Kurs-Variante entschieden hatte, mussten die einzelnen Bootsklassen diesmal unterschiedlich viele Runden zurücklegen.
Zu ersten Wettfahrt mit sechs Knoten Windgeschwindigkeit aus Südost ließen Ron Wiesner und Regattachef Christoph Laska die Kreuzer drei Runden und die anderen Bootsklassen jeweils zwei Runden segeln.
Pro Runde bedeutete das nach dem Start an sich eine Startkreuz zu einem Tor aus der ersten + zweiten Boje (=Top), dann einen Down-Kurs (Vorwind-Kurs = Wind von hinten) zum zweiten Tor (Boje 3 +4) und noch eine Kreuz zum ersten Tor. Start und Ziel liegen bei diesem Wettfahrtsystem entsprechend zwischen den Toren, der Start näher zum Tor 1 und das Ziel näher zum Tor 2, so dass immer mit einer Kreuz gegen den Wind gestartet werden musste und auch die letzten Meter ins Ziel immer als Kampf gegen den Wind verlaufen.
Das zweite Tor lag zunächst unmittelbar vor dem Spring, so dass bei dem strahlenden Wetter am 09.08. zahlreiche Zuschauer auf ihre Kosten kamen und auch noch den Zieldurchgang nach dem jeweiligen Wettfahrtende gut mit verfolgen konnten, denn die Zielcrew um Toralf Reinhardt lag nur ca. 300 Meter in Luv.
Nach der ersten Wettfahrt frischte der Wind dann auf acht, zeitweise auch zehn, Knoten auf und dreht zunächst auf Süd, so dass – zum Nachteil der Zuschauer- Start, Ziel und die beiden Tore weiter auf den See verlegt und gedreht werden mussten. Nach dem 2. Start der 20er Jollenkreuzer (gegen 12.00 Uhr) sowie der XY-lon-Klasse dreht der Wind jedoch weiter Richtung West, so dass aus dem Top-and-Down-Kurs ein bloßer Halbwind-Kurs geworden war, d.h. die Boote konnten jeweils quasi direkt zwischen den Toren hin und her fahren, ohne noch groß manövrieren bzw. kreuzen zu müssen. Deshalb brach der Wettfahrtleiter unmittelbar in der Startphase der Klasse Pirat die gesamt Wettfahrt ab, natürlich zum Leidwesen der Führenden und zur Freude der Anderen.
Start- und Zielschiff mussten ihre Anker lichten und genauso wie die Bojen erneut gedreht werden, diesmal fast genau auf West und das hielt dann auch für die nächsten beiden Wettfahrten. Aufgrund des weiter zunehmenden Windes erhöhte der Wettfahrtleiter nun aber auch für die XY-lon und die Piraten die Anzahl der Runden auf Drei und ließ außerdem die Tore weiter auseinander legen. Dadurch war es anders als zuvor möglich, den gesamten westlichen Seebereich für die Regatta zu nutzen.
Zwei Boote mussten in dieser Zeit aufgeben. Bei einem kleineren Zusammenstoß war bei einer XY-lon der Mast verbogen worden und auch ein 420er musste aufgeben. Ein weiterer Zwischenfall wurde noch am Nachmittag protokolliert: Ein unbeteiligter Motorbootfahrer hatte offenbar in Unkenntnis seiner Pflicht, sich grundsätzlich von Segelbooten und speziell von Regattafeldern frei zu halten, einen 20er Jollenkreuzer des Feldes behindert und war von diesem touchiert worden.
Ansonsten setzten sich jetzt in allen vier Klassen bei den aus Segler-Sicht Top-Bedingungen (Sonnenschein, ein paar Regentropfen und genügend Wind!!!) die stärksten Crews durch und legten im Prinzip mit den beiden Nachmittagswertungen die Gesamtreihenfolgen fest. Die vierte Wettfahrt am Sonntagvormittag mit dann sogar zeitweise 13 Knoten Windgeschwindigkeit und dann wieder wie am Samstagvormittag aus Südost änderte in keiner Klasse mehr den Gewinner, hatte aber durchaus noch Einfluss auf die folgenden Plätze:
Bei den 20er Jollenkreuzern dominierte in den Wettfahrten 1 bis 3 wie nach den Vorjahresergebnissen bereits erwartet das Berlin-Schweriner Team (Boot 1320) mit Skipper Jens Magdanz und der Crew aus Stefan Mädicke und Frank Sekura mit drei unangefochtenen Siegen. Lediglich in einer Wettfahrt waren sie einmal am ersten Tor noch nicht Erster gewesen.
Und da ab vier gesegelten Wettfahrten das schlechteste Ergebnis gestrichen wird, brauchte die Crew am Sonntag für den Gesamtsieg nicht einmal mehr anzutreten.
Gerade dies schien die anderen Mannschaften am Sonntagvormittag aber doppelt zu motivieren. Die Nerven waren dabei so angespannt, dass so viele Bootsführer gleichzeitig einen Frühstart machten, dass diese durch die Wettfahrtleitung nicht mehr eindeutig erkannt werden konnten und so noch einmal komplett neu gestartet werden musste. Bei dem gesegelten Olympischen Punktsystem – bei dem pro Platz ein Punkt vergeben wird und die Plätze an die Segler mit den wenigsten Punkten gehen- war hier natürlich die Chance für eine starke Verbesserung gegeben.
Und Platz 2 ging so an den Sieger aus Wettfahrt 4 und damit ebenfalls an ein gemischtes Team aus Berlin und Potsdam (Boot 1165) mit Tino Baldewein, Matthias Markowski und Markus Jänicke. Punktgleich, aber in Wettfahrt 4 nur Zweiter, erreichte die Berliner Crew von Boot 1369 mit Lutz Junker, Arwed Meyer und Daniel Wächter insgesamt Platz 3.
Die Segler von Stahl Finow konnten hier nicht mithalten, allerdings eindeutig auch aufgrund des Bootsmaterials. Bestes Team wurde der Feuervogel (Boot 1409) von Stahl Finows Jugendwart Christian Eckart mit Crew Sarah Bessel und Maik Jäckel auf Platz 9. Es folgte –als gemischtes Team mit den Seglern aus Altenhof- Boot 309 sowie auf den weiteren Plätzen die Boote 465, 545 und 862; letzteres nur mit zwei Sportlern besetzt, nämlich Skipper Burkhard Josek und Vorschoter Hanno Schwager, dem Abteilungsleiter Segeln.
Bei den XY-lon konnten Steffen Rach und Antje Weichert vom Segelclub Krüpelsee auf dem Boot 2529 an ihren Vorjahreserfolg anknüpfen. Mit zwei Siegen am Sonnabendnachmittag und einem Dritten am Sonntagvormittag erreichten sie fünf Punkte und konnten den sechsten Platz aus der ersten Wettfahrt als schlechtestes Ergebnis streichen. Mit jeweils sieben Punkten, aber unterschiedlichen Einzelergebnissen folgten die Boote 4744 aus Lindow (Thomas Heide und Frank Steinmeyer) sowie 76 vom Sternberger Seglerverein aus Mecklenburg –Vorpommern. Segler vom Werbellinsee waren hier in diesem Jahr leider nicht am Start.
Bei 26 Booten in der Traditions-Klasse Pirat ist zumindest dies kein Frage; Wertungsfaktor 1,15! Ansonsten zeigten hier die Sportsfreunde aus Mecklenburg-Vorpommern eindeutig, dass sie –bei (viel) Wind- hervorragend segeln können (und je mehr desto besser) und holten sich die Plätze 1 bis 3. Aber auch hier lagen am Sonntag die Nerven blank- ebenso wie zuvor bei den 20er Jollenkreuzern war die Ungeduld bzw. der Siegeswille so hoch, dass nach einem Frühstart ein zweiter Versuch erforderlich wurde.
Mit sogar vier Siegen in Folge durch die Rostocker Crew Bernd Höft/Burkhard Rieck (4433) zeigten sich aber auch unter den Mecklenburgern noch Klassenunterschiede. Platz 2 und 3 gingen ebenso eindeutig nach Teterow; Platz 2 an Boot 4434 mit Ines Pingel-Heldt und Thomas Heldt und Platz 3 an Benjamin Schnepf und Fabian Jäckel. Beste Brandenburger wurden zwei Teams vom Schwielochsee; Boot 4168 mit Volkmar und Anja Kiene auf Platz 5 sowie Boot 4317 mit Marko und Thomas Anderson auf Platz 6. Und immerhin ein Segler von Stahl Finow hielt hier die Fahne hoch. Mit Boot 3798 und Vorschoter Stefan Henschel wurde Skipper Martin Sieker vom Gastgeber immerhin 25. und somit nicht Letzter!
Wie in jedem Jahr wurde auch in diesem mit der Horst-Bierbrauer-Sonder-Wertung für die „Schnellste erste Kreuz“ an unseren leider viel zu früh verstorbenen Piraten-Segler gedacht. Von den Ergebnissen gingen hier sogar die ersten vier Plätze in unser nördliches Nachbarland und zwar ähnlich der Gesamtwertung und Platz 5 an die Andersons. Wer mehr wissen will, alle Ergebnisse unter: www.stahl-finow-segeln.de.
Spannend in diesem Jahr war aber auch die Jugendklasse. Neben der Frage nach Sieger und Platzierten, ging es hier für die ambitionierten Jungsegler vor allem darum, ob ein zehntes Boot als Teilnehmer gefunden werden kann, um die Regatta für die Rangliste zu werten. Letztendlich ist dies am Sonnabendvormittag noch gelungen und mithin freuten sich Niklas Fiedler und Alexander Petzold vom Schwielochsee über ihren ersten Platz mit vier Punkten (Platz 3 gestrichen, gewertet zwei Siege und ein zweiter Platz) doppelt. Der zweite Platz ging an ihre Trainingskameraden Moritz Rüster und Jonas Noske vom Scharmützelsee und Platz 3 an die Florian und Annalena Weichert vom Krüpelsee. Vom Gast gebenden Verein erreichten hier Carl Duhn und Alexander Wehrmeister einen aller Ehren werten 6. Platz unmittelbar vor ihren Trainingsgefährten Florian und Lukas Reichstein vom Yachtclub Schorfheide Joachimsthal.
Entsprechend waren letztendlich (fast) alle Sieger und Platzierten mit einem außerordentlichen Segel-Event zufrieden, lobten die Organisation und Gastfreundschaft am Werbellinsee, die –neben Wind und Wettkampf- bei der Anreise –trotz Triathlon- und Einweisung in die Plätze beginnt, sich über eine funktionierende Versorgung, stets saubere Toiletten fortsetzt und ein freundliches und kompetentes Org-Büro wie professionelle Wettkampfleitung definiert. Und so meldeten sich nach der Siegerehrung und dem traditionellen Abschiedsgruß des Abteilungsleiters „Goode Wind – (Antwort) Ahoi!!!“ bereits die ersten Teilnehmer zur 63. Werbellinseeregatta im August 2015 an.
Auf dem Gelände der Segler aber begann bereits während der Abreise der Wettkampfteilnehmer die Anreise zum nächsten Saisonhöhepunkt, dem diesjährigen Trainingslager der Kinder und Jugendlichen.
Toralf Reinhardt